Ölbohrungen im Nationalpark

Wie der Konzern Total in Ostafrika Natur, Klima und Menschenrechte bedroht

Ölbohrungen im Nationalpark: Wie der Konzern Total in Ostafrika Natur, Klima und Menschenrechte bedroht

Der Ölgigant Total plant, in Uganda in großem Stil Öl zu fördern – mitten in einem hochsensiblen Ökosystem, zum Teil sogar in einem Nationalpark. Mit einer neuen Mega-Pipeline soll das Öl bis zur Küste Tansanias gebracht werden. Das Projekt verletzt die Menschenrechte der lokalen Bevölkerung. Es bedroht die einmalige Pflanzenwelt, darunter die Mangrovenwälder an der Küste. Und es ist eine Gefahr für die Tiere, die in dem Gebiet leben, darunter Schimpansen, Nilpferde und Elefanten. Mit einem starken EU-Lieferkettengesetz wäre das Projekt so nicht möglich.

Es sind die größten Vorkommen auf dem Festland von Subsahara-Afrika: 2006 wurden in Uganda am Ufer des Albertsees riesige Ölfelder entdeckt. Kurz darauf erteilte die ugandische Regierung der ugandischen Tochtergesellschaft des Ölgiganten Total die Genehmigung, das Öl zu fördern: Das Tilenga-Projekt. Die Bauarbeiten haben bereits begonnen. Um das Öl ins Ausland zu exportieren, braucht es eine Mega-Pipeline: die „East African Crude Oil Pipeline“ (EACOP). Sie ist mit 1.400 km die längste jemals geplante beheizte Pipeline und soll das Öl zur Hafenstadt Tanga in Tansania transportieren.[1] Auch hierfür ist der Konzern Total verantwortlich, dieses Mal über seine Tochtergesellschaft Total East Africa Midstream (TEAM). Trotz der Risiken, die mit beiden Projekten einhergehen, gaben die zuständigen Genehmigungsbehörden vor Ort grünes Licht. Dem erhofften wirtschaftlichen Aufschwung gegenüber steht jedoch das große Gefährdungspotential der Pläne.

Die Pipeline-Pläne verletzen Menschenrechte

Der Konzern gibt an, dass die beiden Projekte das Land von mehr als 100.000 Menschen betreffen.[2] Kommt es zu Ölverschmutzungen, wären es sogar weit mehr: Die Gesundheit und Wasserversorgung von Millionen Menschen wären bedroht. Für das Tilenga-Projekt müssen lokale Gemeinschaften umsiedeln. Auf eine finanzielle Entschädigung des Ölkonzerns warten sie seit mehr als zwei Jahren. Viele betroffene Menschen protestieren, weil sie ihre Familien nicht mehr ernähren können.[3] Das Projekt von Total verletzt ihr Recht auf Eigentum und auf einen angemessenen Lebensstandard.

Ein massives Risiko für Flora, Fauna und Klima

Doch die Megaprojekte von Total bedrohen nicht nur die Menschen, sondern auch Natur und Klima: Rund um den Albertsee in Uganda gibt es eine unglaubliche ökologische Vielfalt.[4] Pipelines würden direkt durch den Lebensraum von Schimpansen, Nilpferden und Krokodilen führen.[5] Rund 140 Ölbohrungen sollen sogar im Murchison Falls-Nationalpark stattfinden. Doch der Konzern versucht, die Umweltauswirkungen des Projekts kleinzureden. Er behauptet sogar, dass es „eine positive Nettoauswirkung auf die biologische Vielfalt“ haben werde.[6] Die zivilgesellschaftliche Koalition StopEACOP prangert das als "Greenwashing" an und hat die Zahlen von Total als irreführend entlarvt.[7]

Nicht nur in Uganda, auch in Tansania wären die Auswirkungen gravierend: Die EACOP-Megapipeline soll durch ein Wildreservat[8] führen, Feuchtgebiete durchqueren und riesige Elefantenlebensräume zerstückeln.[9] Sie würde die unzugänglichen Gebiete freilegen und so das Risiko für Wilderei erhöhen.[10] Und sie würde durch das Einzugsgebiet des Viktoriasees führen, dem größten Süßwasserreservoir der Region.[11] Ein Auslaufen der Pipeline ist wahrscheinlich: Der See liegt in einem erdbebengefährdeten Gebiet.[12] Auch die Mangrovenwälder und Korallenriffe an der Küste Tansanias, wo die Pipeline enden soll, sind durch das Projekt in Gefahr.[13]

Als wäre all das nicht schon genug, kommen noch die Auswirkungen des Projekts auf den Klimawandel hinzu: Das am Albertsee geförderte und durch die Pipelines transportierte Öl wird einen Co2-Fußabdruck von schätzungsweise 32 Millionen Tonnen jährlich haben. Das ist mehr als die jährlichen Co2-Emissionen von Uganda und Tansania zusammen.[14] In seiner eigenen Risikoanalyse aus dem Jahre 2020 erwähnt Total das mit keinem Wort.[15] Den Genehmigungsverfahren vor Ort haben die befürchteten negativen Auswirkungen nicht geschadet.

Ein starkes Lieferkettengesetz muss Mensch, Umwelt und Klima schützen!

Im Oktober 2019 wurde Total von einem Zusammenschluss sechs französischer NGOs auf Grundlage des französischen Sorgfaltspflichtengesetz (Loi de Vigilance) verklagt. Dieses Gesetz verpflichtet große französische Unternehmen, einen Sorgfaltsplan zu Menschenrechts- und Umweltrisiken vorzulegen und umzusetzen. Die Entscheidung des Gerichts steht noch aus. Doch das Beispiel der Total-Megaprojekte in Ostafrika zeigt schon jetzt eine gravierende Schwäche des französischen Gesetzes: Es sieht keine Beweislasterleichterungen für Betroffene vor.

Ein wirksames EU-Lieferkettengesetz muss in diesem Punkt über das französische Gesetz hinausgehen. Es muss zudem eigenständige umwelt- und klimabezogene Pflichten für Unternehmen enthalten und Emissionen in der Lieferkette erfassen. Unternehmen wie Total müssen dazu verpflichtet werden, Risiken für Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörung und Klimaschäden zu minimieren. Ist das nicht möglich, muss das im Zweifelsfall dazu führen, dass ein Projekt eingestellt wird. Mit einem wirksamen EU-Lieferkettengesetz wären das Total-Megaprojekt in Ostafrika in dieser Form nicht möglich.

 

Das ist ein Artikel von BUND, Misereor und der Initiative Lieferkettengesetz. Auf deren Seiten findest du noch viele weitere Infos.

 

Quellen:

[2] Das Tilenga-Projekt wird sich auf ca. 31.000 - (Quelle: Resettlement Action Plans – RAPs 2, 3a, 3b 4, 5), Executive Summary, September 2020, S. 138), das EACOP-Projekt auf ca. 86.000 Menschen auswirken (siehe Berechnungen von Amis de la Terre und Survie, https://www.amisdelaterre.org/wp-content/uploads/2021/04/20210407-numbers-of-individual-persons-affected-by-eacop.pdf).

[10] Ebd. S. 17.

[11] Ebd. S. 13.

[12] Ebd. S. 19.

[13] Ebd. S. 23.

[14] Ebd., S. 25.